Kunst für/von/mit/wem/oder/was

Es wurde schon so viel über Geflüchtete berichtet. Was kann ich den Menschen hier bieten?

Darüber habe ich in letzter Zeit viel nachgedacht. Doch ausgesprochen wurden diese Worte am letzten Montag von einem älteren arabischen Mann, als Frage an mich formuliert. 

Für wen bin ich hier, was ist mein Material, wer ist mein Publikum? Kunst für die Bewohner, oder für ‘da draußen’? Für ‘die Kunstwelt’? Kunst über Geflüchtete, mit Geflüchteten, von Geflüchteten? Präsentiere ich, oder repräsentiere ich? Auch gute Intentionen halten Künstler nicht immer davon ab, Menschengruppen für Ihre Vision zu gebrauchen. Dabei kommt mir das von Ai Weiwei nachgestellte Foto des toten syrischen Jungen Alan Kurdi am Strand von Lesbos in den Kopf. Trotz Ai’s sicherlich guter Intentionen ist das Bild für mich vor allem Ausdruck einer Hilflosigkeit der Kunst im Angesicht humanitärer Krisen. 

Meine Idee für eine Videoarbeit mit den Bewohnern sieht vor, den Green Screen und mein Konzept nur als Rahmen anzubieten, innerhalb dessen die Teilnehmer ihre eigenen Ideen einbringen können. Doch dabei ist es auch ihre Geschichte, auf die ich meine Kamera richte, und die ich neben den Heimbewohnern auch einer Öffentlichkeit ‘da draußen’ präsentieren will. Ich denke nicht, daß dies grundlegend falsch ist, allerdings gehen die meisten Menschen hier einfach ihrem täglichen Leben nach, und nur wenige haben das Bedürfnis etwas von sich in diesem Rahmen einer Öffentlichkeit preiszugeben. 

Hinzu kommt daß meine ständige Präsenz, sowie der mittig auf dem Hof platzierte Green Screen und Wohnwagen, eine große Erwartungshaltung aufbaut. Vor allem natürlich unter den vielen Kindern. Gibt es hier bald ein Theaterstück? Können wir Photos machen? Ist das eine Halfpipe? Oft muss ich enttäuschen. 

Es wurde schon so viel über Geflüchtete berichtet. Was kann ich den Menschen hier bieten? Der Mann der diese Frage stellte möchte mir morgen ausführlich seine Geschichte zeigen, und an dem Video teilnehmen. Doch nur den wenigen etwas bieten zu können, die mir gern eine Einverständniserklärung an ihren Bildrechten geben wollen, fühlt sich als omnipräsenter Hofgast (manchmal auch eher Hofnarrr) nicht sehr befriedigend an. Als kleine Wiedergutmachung gibt es am kommenden Montag einen offiziellen Photo Shoot mit allen Kids, bei dem jeder einen Abzug mit nach Hause bekommt.

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